Oberlandesgericht Muenchen

Urteil v. 21.09.2006 - Az.: 29 U 2119/06

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11.01.2006 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,--, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an den Mitgliedern des Verwaltungsrats der Beklagten, verboten, an der Verbreitung deutscher Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch "(…) (…), Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A" (ISBN: (…)) im Internet unter der Domain-Adresse "www.(...).de" mitzuwirken, wenn dies geschieht wie durch die Anbieter "(...)", "(...)" oder "(…)" gemäß den nachstehend wiedergegebenen Internetausdrucken aus den Anlagen K 22, K 23 und K 26. [im Original folgt die Wiedergabe von vier vom 12.07.2005, 14.07.2005, 11.08.2005 und 12.10.2005 datierenden Internetausdrucken von Angeboten der genannten Übersetzungen, insgesamt 22 Seiten]

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab 12.07.2005 Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften der Anbieter der Übersetzungen gemäß vorstehender Ziffer I. sowie über die Zeitdauer und den Umfang des Angebots der Übersetzungen gemäß vorstehender Ziffer I.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 9/25 und die Beklagte 16/25 zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in der Hauptsache abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,-- EUR, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Jede Partei kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Sachverhalt

vgl. Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe

I.

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Sitz in Deutschland, die aus drei Schulbuchverlagen besteht, macht gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz und Zweigniederlassung in Deutschland, die unter der Domain-Adresse www.(...).de eine Online-Handelsplattform betreibt, Unterlassungs-, Auskunfts-, Schadensersatzfeststellungs- und Wertersatzfeststellungsansprüche im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung von Urheberrechten an Texten aus einem Lateinlehrbuch geltend.

Die Klägerin verlegt das Lateinlehrbuch "(…) (…), Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A" (Anlage K 25), das 1997 in 2. Auflage erschienen ist. Die Klägerin wurde im Jahr 2004 darauf aufmerksam, dass Anbieter, die unter Pseudonymen auftraten, auf der Online-Handelsplattform der Beklagten deutsche Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem genannten Lateinlehrbuch anboten, und beanstandete dies mit Anwaltsschreiben vom 02.09.2004 (Anlage K 7) und vom 22.09.2004 (Anlage K 12) gegenüber der Beklagten. Diese gab die von der Klägerin geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht ab und erteilte unter Berufung auf datenschutzrechtliche Gründe auch nicht die von der Klägerin erbetenen Auskünfte betreffend Namen und Anschriften der Anbieter. Die Beklagte wies die Klägerin allerdings auf das von ihr eingerichtete so genannte VeRI-Programm (Verifizierte Rechteinhaber-Programm, im Internet aufrufbar unter pages.(...).de/help/Community/vero-program.html.de) hin, das es Rechtsinhabern ermöglichen soll, schnell und unkompliziert schutzrechtsverletzende Angebote zu melden und einer Löschung zuzuführen sowie personenbezogene Daten zu den betreffenden Angeboten zu erhalten. Die Klägerin hat sich für dieses Programm bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht angemeldet.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt:

I. Der Beklagten wird es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, deutsche Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch "(…) (…), Texte und Übungen, Latein, Ausgabe A (ISBN-(...)") im Internet unter der Domain-Adresse "www.(...).de" zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen, insbesondere wie durch die Anbieter "(…)", "(...)", "(...)", "(...)", "(...)", "(...)", "(...)" und "(...)" gemäß Anlagen K 2, 4, 6, 10, 11, 21 und 22.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Handlungen gemäß Ziff. I. seit 30.09.2004, insbesondere über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Übersetzungen, der gewerblichen Auftraggeber und/oder Auftragnehmer, über den Umfang und die Zeitdauer des Angebots der Übersetzungen im Internet einschließlich der Anzahl der Zugriffe auf die entsprechenden Internet-Seiten (visits und pageviews), über sämtliche Verkäufe der Übersetzungen unter Übergabe einer geordneten Liste, die den jeweiligen Verkaufstag, das erzielte Höchstgebot/Verkaufspreis sowie Namen und Anschriften der Verkäufer und der gewerblichen Käufer enthält, über die erzielten Umsätze in EUR (unter Einschluss einer durch Werbung/Sponsoren auf den Internet-Seiten erwirtschafteten Einnahmen), über den erzielten Gewinn unter Angabe der Kostenfaktoren im Einzelnen sowie die Kontoverbindungen der Anbieter.

Die Beklagte hat in erster Instanz Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat die Beklagte mit am 11.01.2006 verkündetem Urteil antragsgemäß verurteilt. Auf dieses Urteil, das u.a. in MMR 2006, 332 veröffentlicht ist, wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen mit der Maßgabe Bezug genommen, dass das Schreiben vom 30.09.2004 (Anlage K 13) von der (...) GmbH, nicht von der Beklagten stammt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Diese macht zunächst geltend, das landgerichtliche Urteil könne schon deshalb keinen Bestand haben, da der Beklagten nicht nur die Verbreitung von Dritten erstellter und von der Klägerin nicht autorisierter Übersetzungen untersagt werde, sondern auch die Verbreitung des von der Klägerin selbst herausgegebenen Lehrerbandes zu besagtem Lehrbuch, der u.a. auch - dies ist unstreitig - die Lösungen/Übersetzungen der Lehrbuchtexte enthalte. Das Urteil des Landgerichts verbiete der Beklagten somit auch die Verbreitung von der Klägerin selbst herausgegebener und in den Verkehr gebrachter Übersetzungen, obwohl das Verbreitungsrecht der Klägerin an diesen Übersetzungen gemäß § 17 Abs. 2 UrhG bereits erloschen sei mit der Folge, dass der Klägerin auch kein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung derartiger Übersetzungen gegen die Beklagte zustehe.

Darüber hinaus fehle es auch an einer "Verbreitung" deutscher Übersetzungen des von der Klägerin herausgegebenen Latein-Lehrbuches durch die Beklagte. Als Betreiberin des weltweit größten Online-Marktplatzes beschränke sich die Beklagte auf die Bereitstellung einer technischen Infrastruktur, welche es den (…)-Mitgliedern ermögliche, neue und gebrauchte Waren sowie Dienstleistungen in unterschiedlichen Formaten im Rahmen einer Online-Aktion oder als Sofort-Kaufen-Angebot anzubieten oder zu erwerben. Da sämtliche Verkaufsangebote von den Anbietern selbst verfasst und ohne Zutun der Beklagten in der Datenbank der Beklagten gespeichert und auf der Website der Beklagten veröffentlicht würden, werde die Beklagte selbst nicht Partei der von den (...)-Mitgliedern abgeschlossenen Kaufverträge. Es fehle deshalb auf Seiten der Beklagten an einem Anbieten von Werkstücken an die Öffentlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG. Verbreite die Beklagte somit keine die Rechte der Klägerin verletzenden Übersetzungen, so bestehe auch kein Anlass dazu, ihr dies zu verbieten.

Einer Inanspruchnahme der Beklagten auf Unterlassung nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Störerhaftung stehe sowohl die mangelnde Erkennbarkeit der von der Klägerin behaupteten Urheberrechtsverletzungen als auch die Tatsache entgegen, dass die Beklagte keine Prüfungspflichten verletzt habe. Die Ausführungen des Landgerichts hielten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Tatsächlich sei weder dem Abmahnschreiben der Klägerin noch den diesem Schreiben beigefügten oder den erst im Verfahren vorgelegten Angebotsausdrucken eine klar erkennbare, offenkundige Verletzung von Urheberrechten der Klägerin zu entnehmen gewesen. Der vorliegende Fall unterscheide sich grundlegend von der Konstellation, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 158, 236 - Internet-Versteigerung) zugrunde gelegen habe, in dem es um Markenrechtsverletzungen gegangen sei.

Indem der Bundesgerichtshof den Begriff der klaren Rechtsverletzung verwendet habe, habe er an seine bisherige Rechtsprechung zur Störerhaftung angeknüpft, dabei aber unter Bezugnahme auf die Mitverantwortlichkeit der Presse für rechtsverletzende Inserate in den Anzeigenrubriken einer Zeitung zugleich klargestellt, dass die Rechtswidrigkeit eines Angebots aus dem beanstandeten Angebot selbst erkennbar sein müsse. Eben dies sei aber bei den von der Klägerin beanstandeten Verkaufsangeboten nicht der Fall gewesen. Zudem seien auch dem Abmahnschreiben keine weiterführenden Angaben und insbesondere keine Nachweise über den Erwerb ausschließlich der Nutzungsrechte durch die Klägerin an den Übungstexten in dem streitgegenständlichen Lateinlehrbuch beigefügt gewesen, so dass sich auch aus dem Abmahnschreiben der Klägerin keine klar erkennbare Rechtsverletzung ergeben habe. Wie den Ausführungen des Landgerichts auf Seite 7 ff. des Urteils zu entnehmen sei, habe auch das Landgericht erst anhand eines von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Exemplars des Lehrbuchs überprüfen können, ob und inwieweit letzteres urheberrechtlich geschützte Texte enthalte. Weder dem Abmahnschreiben der Klägerin noch der Klageschrift seien das Lehrbuch oder zumindest Auszüge der in diesem Lehrbuch enthaltenen Texte beigefügt gewesen; da die Beklagte zu keinem Zeitpunkt in den Besitz der von der Klägerin beanstandeten Übersetzungen gelangt sei, habe sie diese auch nicht mit den Originaltexten im Lehrbuch der Klägerin vergleichen können, um zu prüfen, ob diese Nutzungs- und Verwertungsrechte der Klägerin verletzten.

Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sei für die Beklagte auch aus den von der Klägerin übersandten Angebotsausdrucken keine klar erkennbare Urheberrechtsverletzung zu Lasten der Klägerin zu entnehmen gewesen. Die Beklagte werde täglich dazu aufgefordert, anhand spärlicher Angaben zu behaupteten Schutzrechtsverletzungen in Abmahnschreiben, die sich meist in bloßen Behauptungen zur Rechtsinhaberschaft des die Abmahnung aussprechenden Unternehmens und zum Verletzungstatbestand erschöpften, bestimmte Verkaufsangebote umgehend zu beenden. Dabei bedürfe es jedoch eines Ausgleichs zwischen den Interessen der Schutzrechteinhaber sowie dem berechtigten Interesse der Anbieter am Verkauf beanstandungsfreier Artikel und des Interesses der Beklagten an der Aufrechterhaltung eines reibungslosen Auktionsbetriebs, der nicht durch die Auferlegung unzumutbarer Nachforschungspflichten behindert werde. Dieser Interessenausgleich könne aber nur gelingen, wenn dem Abmahnenden abverlangt werde, die Verletzung seiner Schutzrechte im Abmahnschreiben substantiiert zu erläutern und diesem einen Nachweis seiner Rechtsinhaberschaft beizufügen.

Auch dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 22.09.2004 sei kein Nachweis der Rechtsinhaberschaft der Klägerin beigefügt gewesen. Gleichwohl seien auch die mit diesem Schreiben beanstandeten Verkaufsgebote innerhalb von 3 Werktagen von der Beklagten vorzeitig beendet worden.

Die nachgereichten Angebotsausdrucke hätten sämtlich Verkaufsangebote betroffen, die schon nicht mehr gültig gewesen seien, so dass sie von der Beklagten auch nicht mehr hätten beendet werden können.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts gebe es keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass unveränderte Originaltexte ohne Anpassung für Schullehrbücher grundsätzlich nicht geeignet seien, so dass sich jedermann bereits aus diesem Grund der zwingende Schluss aufdrängen müsste, die Übungstexte in dem streitgegenständlichen Latein-Lehrbuch unterlägen dem Urheberschutz. Da sich weder dem Abmahnschreiben der Klägerin noch den Angebotsbeschreibungen der Verkäufer habe entnehmen lassen, ob das von der Klägerin herausgegebene Lehrbuch "(…) (…)" historische Originaltexte, an Originaltexte angelehnte Übungstexte, die noch nicht als eigenes Sprachwerk angesehen werden könnten, oder urheberrechtlich geschützte Texte moderner Autoren enthalte, sei für die Beklagte keine klare Rechtsverletzung der Anbieter erkennbar gewesen.

Schließlich sei das landgerichtliche Urteil auch insoweit aufzuheben, als es der Klägerin einen weit reichenden Anspruch auf Drittauskunft gegen die Beklagte zuerkannt habe.

Das landgerichtliche Urteil habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob § 101a UrhG unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgten Zielsetzung überhaupt dazu geeignet sei, einen Anspruch des Rechteinhabers gegen Access- oder Hostprovider auf Drittauskunft zu begründen. Ebenso wie in dem vom OLG Hamburg (MMR 2005, 453 [OLG Hamburg 28.04.2005 - 5 U 156/04]) entschiedenen Fall fehle es auch hier an einer Vertriebskette im eigentlichen Sinn, weil die Beklagte weder Eigentum noch Besitz an den streitgegenständlichen Übersetzungen erlange. Die von der Klägerin vertretene Ansicht, auskunftspflichtig sei jeder, der eine Verletzungshandlung begangen oder daran mitgewirkt habe, finde weder in der Gesetzesbegründung zu § 101a UrhG noch in der Rechtsprechung eine Stütze. Außerdem fehle es darüber hinaus auch an der für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs nach § 101 a UrhG erforderlichen Täter- oder Gehilfenstellung der Beklagten.

Dass die Beklagte selbst weder Übersetzungen hergestellt noch verbreitet habe, sei bereits dargelegt worden. Die Beklagte stelle weder Vervielfältigungsstücke her noch biete sie solche an, bringe sie in den Verkehr oder mache sie der Öffentlichkeit zugänglich, sie beschränke sich vielmehr auf die Bereitstellung einer technisch Infrastruktur.

Auch eine Tätigkeit als Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzung eines Dritten scheide aus, weil die hier allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest einen bedingten Vorsatz sowohl des unmittelbaren Anbieters der Übersetzungen als auch der Beklagten voraussetze, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen müsse.

Jedenfalls fehle es an einem bedingten Gehilfenvorsatz der Beklagten, solange die Klägerin ihrem Abmahnschreiben keinen Nachweis über den Erwerb der Nutzungsrechte an urheberrechtlich geschützten Texten in dem von ihr herausgegebenen Lehrbuch beifüge und sich aus dem von der Klägerin beanstandeten Angeboten selbst nicht entnehmen lasse, ob und inwieweit es sich tatsächlich um urheberrechtlich geschützte Texte handele, an denen die Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte erworben habe. Da der Teilnehmervorsatz stets auf eine konkrete tatbestandsmäßige und rechtswidrige Haupttat bezogen sein müsse, käme eine Teilnehmerhaftung der Beklagten nur dann in Betracht, wenn sie sowohl Kenntnis von der Existenz der konkreten streitgegenständlichen Angebote als auch von deren Rechtswidrigkeit gehabt hätte. Die vom Bundesgerichtshof offen gelassene Frage der Teilnehmerhaftung im Falle der nachhaltigen Verletzung von Prüfungspflichten durch das Online-Auktionshaus müsse auch im vorliegenden Verfahren nicht abschließend beantwortet werden, da sich den Verkaufsangeboten gerade keine klar erkennbare Rechtsverletzung entnehmen lasse und die mit dem Abmahnschreiben der Klägerin vom 22.09.2004 beanstandeten Verkaufsangebote zum Zeitpunkt der Abmahnung bereits beendet gewesen seien, so dass der Beklagten auch nicht der Vorwurf einer bewussten nachhaltigen Verletzung ihrer Prüfungspflichten gemacht werden könne.

Darüber hinaus würde es der Beklagten auch deshalb am Bewusstsein der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verkaufsangebote mangeln, da aus den Verkaufsangeboten nicht erkennbar gewesen sei, ob die Übersetzungen im geschäftlichen Verkehr angeboten würden.

Die Verurteilung der Beklagten zur umfassenden Auskunftserteilung verstoße zudem unabhängig von den fehlenden Voraussetzungen einer Teilnehmerhaftung der Beklagten auch gegen die bereichsspezifischen Regelungen des Teledienstedatenschutzgesetzes (TDDSG). Dass der Gesetzgeber vom Teledienstedatenschutzgesetz als lex specialis zum Bundesdatenschutzgesetz ausgegangen sei, ergebe sich bereits aus der Begründung zum Regierungsentwurf. Der vom Landgericht vorgenommene Rückgriff auf § 28 Abs. 3 Nr. 1 TDDSG könne auch nicht mit der Überlegung gerechtfertigt werden, dass es gerade nicht vom Willen der Betreiber von Auktionsplattformen und den einzelnen Anbietern abhängen dürfe, ob Urheberrechtsinhaber durch im vorhinein erteilte Einwilligungen zur Auskunftserteilung im Rahmen des VeRI-Programms eine Möglichkeit erhielten, ihre den Schutz von Art. 14 GG genießenden Rechte effektiv durchzusetzen. Wäre dies richtig, so würde der Durchsetzung vermögenswerter Interessen stets der Vorrang vor dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Nutzer von Telediensten eingeräumt und die Bedeutung der Einwilligungserklärung entwertet. Im Übrigen würden die Rechteinhaber durch das VeRI-Programm der Beklagten auch nicht unbillig beschwert, da die Rechteinhaber auch außerhalb der Nutzung von Telediensten das Risiko einer ungerechtfertigten Schutzrechtsverwarnung zu tragen hätten und das VeRI-Programm der Beklagten eine vom Gemeinschaftsgesetzgeber offen gelassene Regelungslücke schließe, in dem es in Anlehnung an das "notice-and-take-down"-Verfahren in Sec. 512 c. des amerikanischen Digital Millennium Copyright Act sicherstelle, dass der Beklagten vom Rechteinhaber gemeldete, hinreichend belegte Schutzrechtsverletzungen von der Beklagten umgehend unterbunden würden und den Rechteinhabern zugleich die Möglichkeit eröffne, unmittelbar gegen die jeweiligen Anbieter vorzugehen.

Die von der Beklagten ergriffene Initiative zur freiwilligen Selbstregulierung und Implementierung eines geeigneten Verfahrens zur Meldung und Entfernung rechtsverletzender Angebote unter aktiver Mitwirkung des Rechteinhabers entspreche durchaus den Vorgaben des Gemeinschaftsgesetzgebers.

Schließlich kollidiere die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung nicht nur mit den bereichsspezifischen Regelungen des Teledienstedatenschutzgesetzes, sondern verpflichte die Beklagte zudem zur Preisgabe von Informationen, über die sie gar nicht verfüge. Es sei somit nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch unzulässig, da der Beklagten die Auskunftserteilung in dem von der Klägerin geforderten und vom Landgericht zugesprochenen Umfang unmöglich sei, zwar unabhängig davon, ob der Auskunftsanspruch auf § 101a UrhG oder auf § 242 BGB gestützt werde. Der Auskunftsanspruch gehe jedenfalls in verschiedener Hinsicht zu weit.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 11.01.2006 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt:

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Klageantrag zur Klarstellung insoweit abgeändert wird als in Ziffer I an die Stelle der Worte "im Internet (...) zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen" die Worte "an der Verbreitung im Internet (...) mitzuwirken" treten.

Die Klägerin stellt dabei anheim, die Formulierung "(...) insbesondere (...)" wegzulassen, sollte der Senat dies als erforderlich ansehen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Auffassung, der Tenor des erstinstanzlichen Urteils gehe nicht zu weit. Der Tenor sei ausreichend bestimmt. Es bedürfe keiner näheren Erläuterung, dass Übersetzungen von Lehrbuchtexten, die in einem von der Klägerin mit ihrer Zustimmung in den Verkehr gebrachten Lehrerband enthalten seien, von dem Tenor nicht erfasst seien. Unverständlich sei die Behauptung der Beklagten, vorliegend seien Übersetzungen urheberrechtlich geschützter Werke nicht verbreitet worden. Unzutreffend sei die wiederholte Behauptung der Beklagten, sie stelle ihren Mitgliedern nur eine technische Infrastruktur zur Verfügung und die Verkaufsangebote würden von den Anbietern selbst verfasst und ohne Zutun der Beklagten von den Anbietern in der Datenbank der Beklagten gespeichert